Seit gut 6 Jahren wohnen mein Freund und ich nicht mehr in trauter Zweisamkeit, sondern bilden zusammen mit M&M, zwei vierbeinigen Brüdern, eine Art speziesübergreifende Vierer-WG. Schon bald zeichnete sich ab, dass die beiden Brüder, die sich bei uns einquartiert hatten, zwei Asis aus dem Buche waren: Sie waren beide arbeitslos, hingen tagelang auf dem Sofa rum, verbreiteten Dreck, waren auch mit Belohnungs-System nicht zum Putzen zu bewegen, bezahlten keine Miete und liessen sich von uns durchfüttern. Weil wir beide nun zwei unglaublich soziale Menschen sind, betrachteten wir die beiden Sozialfälle bald als unser gemeinsames Projekt für Randständige. Die Jahre vergingen, und wir gewöhnten uns an die Eigenarten unserer Mitbewohner, so sehr, dass wir uns ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen konnten. Im Laufe der Zeit hatten wir festgestellt, dass die Brüder Neigungen hatten, die entgegen den allgemeinen Vorlieben ihrer Spezies ausgelegt waren. Sie gaben uns nonverbal klar zu verstehen, dass sie das schweineteure Nassfutter, das wir übers Internet bestellten, ganz einfach eklig fanden, und ernährten sich unbeirrbar nur von Trockenfutter. Natürlich wollten wir für unsere beiden Lieblings-Asis nur das beste und kauften fortan schweineteures Trockenfutter. Da die Brüder bald entdeckten, dass es draussen auch noch Möglichkeiten gab, an Futter zu kommen, durften wir bald ihre blutigen Eroberungen aus dem Teppich schrubben, und ihre Trinkfestigkeit führte dazu, dass wir uns einig waren, dass die beiden garantiert an genug Flüssigkeit kamen. Als ich dann für längere Zeit arbeitsunfähig wurde, beschloss ich bei aller Nächstenliebe, dass es nicht sein konnte, für das Essen unserer WG-Penner mehr Geld auszugeben als für unser eigenes Essen. Der Entzug vom sauteuren Marken-Futter war zäh, aber schliesslich liessen sich M&M dazu herab, auch günstigere Kost zu essen. Ich frohlockte, alles schien gut.
Lebenslage
Vierbeinige Asis und die Tierfuttermafia.
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Bis letzte Woche, als der kleinere M plötzlich Blut pinkelte. Gemäss meiner Grundhaltung „das wird schon wieder!“ wartete ich drei Tage, bis wir am Samstag schliesslich zum Notfalltierarzt gingen (eine denkbar schlechte Entscheidung, die ich nicht wiederholen werde). Es ergab sich Verdacht auf Harnsteine oder zumindest „Struvit-Kristalle“ in der Blase. Wir fütterten dem kleinen Asi eine Woche Antibiotikum und Schmerzmittel, bis bei der Nachkontrolle rauskam, dass er wirklich solche Ablagerungen in der Blase hat, ausgelöst durch einen beständig zu hohen PH-Wert. Kein Problem, meinte der Tierarzt, müssten wir halt künftig Spezialfutter füttern. Royal Canin Urinary, das Kilo Trockenfutter nur 21 CHF. Ein Schnäppchen! Am besten, meinte der Veterinär weiter, würden wir dem gesunden Bruder auch gleich dieses Trockenfutter servieren, „zur Prophylaxe“.
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Bevor ich bereit war, unseren Fernseher, die Kaffeemaschine und meine 50 Streifen-Shirts zu verpfänden, betrieb ich Internet-Recherche. Natürlich glaube ich jedes Wort, das in einem Forum steht, und so kam ich zur Einsicht, dass wir grausame Tierquäler und -Mörder auf Zeit sind, die wir unseren vierbeinigen Clochards tatsächlich über Jahre hinweg trockene Nahrung verabreicht haben. Wie auch immer, tatsächlich las ich aber einige Erfahrungsberichte mit diesen Harn-Kristallen, und kam zu folgender Erkenntnis: Es gibt das Spezialfutter nicht nur von Royal Canin, sondern auch von preiswerteren Marken, und bei Problemen im Harntrakt ist Trockenfutter (entgegen dem verkaufsfreudigen Tierarzt) tatsächlich ein No-Go. Ergo haben wir jetzt Spezial-Nassfutter bestellt, und: Dem gesunden Kater das PH-senkende Spezialfutter zu geben, ist (entgegen dem verkaufsfreudigen Tierarzt) längerfristig eine denkbar schlechte Idee. Zu tiefer PH löst nämlich ebenfalls Harn-Kristalle aus, einfach eine andere Sorte. Weil wir aber auch den gesunden WG-Genossen nicht durch schlechtes Futter dem Risiko von Harn-Geschichten aussetzen wollen, haben wir ihm gleich auch noch normales Nassfutter bestellt (angesichts der einschüchternden Forenbeiträgen ohne Zucker, Farbstoffe, Aromen oder andere fragwürdige Zusätze). Ob die beiden Gourmands ihr neues Essen akzeptieren werden? Man darf gespannt sein.
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(Und den Tierarzt wechseln wir, jawohl.)
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2 Kommentare
Clare
13. Juni 2013 bei 09:33Katzen. They can be a nuisance. 😉
Änni
13. Juni 2013 bei 15:36Nachdem ich die Übersetzung gegoogelt habe: Oh yes, they can!!
🙂