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Liebes Tagebuch XXXVI: Advent, Advent.

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Liebes Tagebuch 

Tut mir sehr leid, dass ich dir im letzten halben Jahr keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt habe. Bitte nimm das nicht persönlich – meine Prioritäten haben sich halt bisschen verschoben (ok ok, ich  reite mich da bloss weiter rein, lassen wir es einfach gut sein, ok??).

In der Zwischenzeit ist viel passiert. Es würde zu weit führen, all meine Erlebnisse der letzten 5 Monate hier aufzuführen, ich beschränke mich daher auf ein wichtiges Ereignis im September: Ich habe einen Verein gegründet & mich selbstverständlich umgehend zur Präsidentin wählen lassen. So viel Macht, Fame und Glamour!! Der Verein ist dazu da, ein inklusives Freizeitangebot für Jugendliche (mit und ohne Einschränkungen) zum Thema Kurzfilm auf die Beine zu stellen. Wenn alles gut läuft & so Corona will, produziere ich also ab August 2021 mit einer bunten Truppe Jugendlicher schlechte Kurzfilme. Ich bin schon ganz aufgeregt!! In den nächsten Wochen werde ich zu diesem Thema einen eigenen Beitrag verfassen – und vielleicht hast du dann ja auch Lust, Mitglied zu werden? (Moment, gilt ein Tagebuch als Privatperson oder als juristische Person?! Äh ja. Wie auch immer…)

Aber das nur am Rand, abgesehen davon adventet es mächtig vor sich hin. In den letzten Tagen hab ich daher:

  • Unsere Wohnung entrümpelt, vieles verschenkt und entsorgt, unter anderem eine Matratze, ein Sofa und den komplett kaputten Sichtschutz auf der Terrasse
  • Neue Sichtschutz-Elemente gekauft, mit einem Mietbus abgeholt & sie dann erstmal in den Fahrradschuppen gestellt
  • Mich gefragt, wie lange die da jetzt wohl stehen werden – ich tippe auf 6-8 Monate
  • Präventiv schon mal das Wurzelwerk von 2 abgestorbenen Sträuchern ausgegraben, damit der Sichtschutz dann so in 8 Monaten gerade montiert werden kann
  • Zusammengerechnet, was mich meine ganzen diesjährigen Frisur-Experimente beim Coiffeur gekostet haben – ich sags dir, das willst du ihr nicht wissen
  • Immer noch unter Schock stehend meinen Freund dazu verdonnert, mir meinen Sidecut mit seinem Barttrimmer nachzurasieren (was nur etwa 1 Stunde und einen klitzelkleinen Nervenzusammenbruch kostete)
  • Einen Haartrimmer im Internet bestellt
  • 12 wunderbar glitzernde Adventskalender-Geschenke für mein Patenmädel besorgt (ich und meine Schwester teilen uns den Adventskalender seit Jahren, daher nur 12)
  • Für eine Arbeitskollegin esoterisch angehauchte Wichtelgeschenke gesucht
  • Dabei in der Altstadt ein Geschäft entdeckt, das sich so bisschen anfühlt wie ein esoterisches 3D-Wimmelbild – ich schwanke zwischen Begeisterung & Reizüberflutung
  • Gegen meine Überzeugung & höchst widerwillig ein „Malen-nach-Zahlen“-Bild für die Nichte gekauft (Weihnachtsgeschenk). Ganz ehrlich, ich find die Motive potthässlich und die Farbzusammenstellung fügt meiner Netzhaut schlimme Schmerzen zu. Viel lieber hätte ich ihr qualitativ hochwertige Acrylfarbe, vernünftige Malgründe und gute Pinsel geschenkt, aber sie fährt nun mal auf diese Malsets ab. Was will man da machen… dafür kriegt sie noch äusserst stilvolle Sticker dazu.
  • Sehr viel enthusiastischer für das Patenmädel 3 Meter glänzenden Stoff und diverse Meter Bänder und Spitze gekauft (letztes Jahr hat sie ne Kinder-Nähmaschine gekriegt, die sie sehr gerne nutzt) – ich geb zu, am liebsten hätt ich den ganzen Blingbling behalten…
  • Mit mehreren Verkäuferinnen und mir selbst ausdiskutiert, dass das reichlich dekadente Geschenke für eine 8jährige Nähanfängerin sind & mich schliesslich davon überzeugen lassen, dass dekadente Geschenke per definitionem mein Vorrecht als Gotti sind
  • In einem Geschäft aus Versehen einen Knopf für 25 Franken gekauft (der Preis stand auf einer 10er-Packung, ich dachte, dann kostet 1 Stück 2.50)
  • Perplex das Geschäft verlassen, nach paar Metern aber allen Mut zusammen genommen, kehrt gemacht & an der Kasse gefragt, ob ich den Knopf zurück geben darf & mein Geld zurück kriege – was ich durfte
  • Mich dafür ziemlich gefeiert
  • Gerätselt, wer wohl in vollem Bewusstsein Knöpfe für 25 Franken das Stück kauft
  • Von meiner Mama einen selbstgenähten Adventskalender (bestehend aus 24 gefütterten und bestickten Stiefeln) erhalten & mich riesig darüber gefreut
  • Diverse abstrakte Bilder mit alcoholic inks angefangen & wieder einmal festgestellt, dass meine Beziehung zu meinen Bildern reichlich kompliziert ist – meist ist es irgendeine Mischung aus Faszination und abgrundtiefem Hass
  • Diverse wunderbare Spaziergänge und Joggingrunden mit meiner lieben Freundin unternommen
  • Bei der Arbeit für ein Filmprojekt eine OP-Szene mit einer tropfenden Himbeersirup-Transfusion gedreht
  • Festgestellt, dass mein Freund die Sache mit der vegetarischen Ernährung wohl deutlich schlechter wegsteckt als angenommen (er kaufte einen Riesensack gefrorenes Poulet fragwürdiger Herkunft, briet den ganzen Berg Fleisch an & tupperte das Ganze in einer riesigen Schüssel ein, aus der er danach jeden Tag gierig ass, die Schüssel mit panischem Blick fest umklammert- ein verstörender Anblick, ich sags dir!)
  • Entschieden, dass Weihnachten mit meiner Familie dieses Jahr ausfällt
  • Die Wohnung dekoriert (= paar Teelichter/ Kerzen aufgestellt, ein Gesteck mit Kerze und Tannästen gekauft)
  • Beabsichtigt, bei meiner Coiffeuse ein Shampoo für meinen Freund zu kaufen & mit ihr daraufhin das gefühlt dröflzigste unnötige Gespräch über Geschlecht und Gender von Shampoo-Flaschen geführt. Wer die Story noch nicht kennt: Irgendwann benutzte mein Freund das Shampoo, das ich mir bei meiner Coiffeuse aufschwatzen liess. Er war hell begeistert von diesem Shampoo & seit da kaufe ich für ihn dieses Shampoo – oder ich versuche zumindest, es zu kaufen. Als meine Coiffeuse (übrigens eine relativ junge, bis zu diesem Zeitpunkt aufgeschlossen wirkende Frau) erfuhr, dass ich das Shampoo nicht für mich, sondern für meinen Freund kaufen wollte, war sie komplett irritiert. „Das ist aber ein Frauen-Shampoo“, erklärte sie mir stirnrunzelnd. „Das ist meinem Freund egal“, erwiderte ich, nicht minder irritiert. „Aber… die Flasche ist rosa!“, sie schien die Welt nicht mehr zu verstehen. „Das ist ihm ebenfalls egal“, ich konnte eigentlich nicht fassen, was wir gerade für ein Gespräch führten. „Komm, ich zeig dir unsere Männer-Linie, von der selben Marke!“, sie fuchtelte mit einer grünen Flasche herum. „Er möchte aber dieses hier“, ich wedelte mit der rosafarbenen. Äh ja. Nachdem ich nun bereits mehrere Male diese sinnbefreite Diskussion mit ihr geführt hatte, hatte ich gehofft, dass sie endlich einsieht, dass mein Freund seine Männlichkeit nicht von der Farbe einer Shampoo-Flasche abhängig macht, aber nein. Wir führten das selbe Gespräch zum dröflzigsten Mal, dieses Mal gab sie mir einen umfangreichen Prospekt mit, den ich meinem Freund aushändigen soll, sämtliche „Männer-Produkte“ hat sie extra mit Kugelschreiber angestrichen, wohl für den Fall, dass er einfach nur farbenblind ist – oder so. Ausserdem nebelte sie mich mit einem offenbar extrem männlichen Spray ein, forderte mich auf, tief zu inhalieren (selten war ich so froh um den Mund-Nasenschutz)  und betonte, wie männlich der Duft dieses Produkts doch sei. Ich nehme mal an, diese Produkte bestehen aus reinem Testosteron, angereichert mit Extrakten aus Stierhoden, Tigersperma, ein paar Tropfen Schweiss von Chuck Norris und der DNA konservierter Neandertaler. Das Produkt sei extrem konzentriert, meinte sie, man benötige nur eine winzige Menge, um kurze Männerhaare zu waschen – vermutlich wachsen einem bei einer Überdosierung paar zusätzliche Penisse. Kurz überlegte ich, ob ich ihr erzählen soll, mein Freund hätte eine wallende Mähne bis zur Hüfte – ich liess es dann sein. 
  • Mit der Tradition gebrochen, mit meiner Sippe (5 Haushalte, diverse Risikopatienten) im Emmental Weihnachts-Guezlis zu backen, stattdessen eine neue Tradition gegründet & mit meiner lieben Freundin Guezlis gebacken – 2 Haushalte, keine Risikopatienten
  • Unser Tageswerk mit reichlich Glühwein und einem richtig guten Film („Antonias Welt“, total sehenswert) gefeiert
  • Mich bereits darauf gefreut, meiner Freundin in den Weihnachtsferien einen Haufen komplett schräger Filme zu zeigen
  • zu Hause ein Samichlausen-Sack mit lauter Süsskram vor der Tür gefunden – unsere Vermieterin spielt jedes Jahr Samichlaus für ihre Mieter*innen & ich find das echt süss von der alten Dame
  • Für unsere Nachbarn und die Vermieterin Guezli abgefüllt, um mich zu revanchieren
  • Mich über den schönen Tag gefreut
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Falls ihr je Zweifel hattet: Es ist echt malerisch hier an der Aare.
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Ich kann mich nur wiederholen: Meine Oberarme sind so krass, sie platzen fast vor Testosteron, und das, obwohl ich meine Haare nicht mit der konzentrierten Männlichkeit aus der grünen Flasche wasche.
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Und noch eins.
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Eines der ungezählten angefangenen Werke.
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Der Adventskalender meiner Mama: No DramaLama.
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Dekadente Geschenke für mein Patenmädel.
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Bisschen Deko hab ich mir dann doch noch gegönnt.
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Die Flasche des Anstosses.
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Stilvolle Sticker.
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Hach. Unsere Werke.
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