Heute stand ich bereits in aller Herrgottsfrühe – also bereits vor 9 Uhr – auf, um mir und dem besten aller festen Freunde beim Dorfbeck ein gediegenes Frühstück zu besorgen. Als ich dann blinzelnd und schlaftrunken vor der Ladentür stand, dämmerte mir anhand der abgeschlossenen Tür und den runtergelassenen Rollos, dass wir ja immer noch im Corona-Zeitalter leben und die Öffnungszeiten stark reduziert sind. An dieser Stelle hätte ich gerne einen dramatischen Abgang hingelegt, so mit theatralischem Zurückwerfen meines Umgangs, einer blasierten, wegwerfenden Handbewegung, einem verächtlich schnaubenden „Pha!!“ und dem ruckartigen Hochstrecken meiner Nasenspitze – ich scheiterte jedoch bei der Umsetzung nicht nur daran, dass ich in der Eile leider vergessen hatte, meinen Umgang umzulegen, sondern auch an der bleiernen Müdigkeit in meinen Gliedern und Hirnwindungen, so dass ich es bereits als Sieg betrachtete, dass ich wenigstens nicht versehentlich in die falsche Wohnung zurück stolperte. Zu Hause angekommen überlegte ich tatsächlich kurz, ob ich jetzt einfach ohne Croissant mit meinem geplanten Programm starten soll – die Vernunft jedoch obsiegte, und ich kroch zurück ins Bett, wo ich augenblicklich einnickte und mir so noch ein paar Bonusstunden Schlaf gönnte.
Abgesehen von diesem denkwürdigen Start in den Tag habe ich heute:
- in der Not im Gefrierschrank nach gefrorenem Toastbrot gewühlt – ihr erinnert euch, wie haben immer noch kein Brot, und da der Bäcker erst am Dienstag wieder aufmacht, wird es bis dahin so weitergehen
- Mir 3 Scheiben Toast mit Honig aus dem Emmental gegönnt – ihr könnt sagen, was ihr wollt, das ist der beste Honig, den ich je gegessen habe, und ich hab schon verflixt viel Honig gegessen
- Mir sehr viel Kaffee eingeflösst, so dass ich nach einem Weilchen die Augen fast ganz öffnen konnte
- Den Laptop gestartet und paar Stunden gearbeitet
- Die Gartenschlauch-Brause (von SCHEISS GARDENA!!) zum drölfzigsten Mal abmontiert und das Sieb gereinigt, sie wieder angeschraubt und dadurch tatsächlich fast 20 Sekunden lang den Garten mit normalem Wasserdruck wässern können
- Nach diesen 20 Sekunden mit quasi inexistentem Wasserdruck weitergewässert – hat ja was entschleunigendes, nicht wahr, so ein Getröpfel, da wird man ganz achtsam mit sich selbst und lebt im Augenblick und macht sich so Gedanken wie „wieviel Dynamit braucht es wohl, um diese Brause oder aber gleich den Hauptsitz von Gardena zu sprengen“, total entspannend und eine echt schöne Erfahrung, 10/10 Punkte
- Irgendwann die Jogginghose und die Laufhose montiert, damit ich nicht anders kann, als tatsächlich joggen zu gehen
- Die nächste Stunde in der Jogging-Montur auf der Terrasse gechillt
- Mich bei der Betrachtung der Ausschläge auf meinen Händen gefragt, ob ich mich wohl gerade in einen Drachen verwandle
- Kurz an Kafka gedacht & wieder einmal resümiert, dass der gute Mann völlig überschätzt wird
- Mit meinem Freund gekocht – dabei festgestellt dass 1) mein Freund sich wohl ausschliesslich von Pasta und Fischstäbchen ernähren würde, wenn ich nichts dagegen unternehmen würde 2) es gute Gründe gibt, warum ich es vorziehe, alleine zu kochen – ernsthaft, da schnibble ich am Salat herum, er rührt in der Pasta, ich sage „oh, die sollte gar sein, kannst sie abschütten“, er „aha“, zieht den Topf von der Platte & verschwindet – ich warte 2min, aber er taucht nicht mehr auf, die Pasta steht im Wasser einfach da, die Platte ist nach wie vor eingeschaltet & mein Freund geht offenbar davon aus, dass sowas à la Disney von einer Schar grossäugiger, zwitschender Vögel erledigt wird- gnarf!!!!
- Mich beim gemeinsamen Essen wieder mit ihm versöhnt – er hat viele Qualitäten, Kochen gehört nicht dazu
- Ihn verabschiedet und mir vorgenommen, um 18 Uhr aber wirklich loszujoggen
- Von meiner lieben Jogging-Freundin via WA motiviert worden, auch wirklich joggen zu gehen
- Um 18 Uhr von der vorher versteckten Sonne angeblinzelt worden und das als Zeichen direkt von Universum gedeutet
- Mich wirklich ohne jegliche Überzeugung, Motivation oder gar Freude dazu überwunden, loszujoggen
- Mich dabei gefühlt wie ein nasser Sack Mehl (soweit ich es mir anmassen kann, mich in einen nassen Sack Mehl einzufühlen, versteht sich)
- Bereits auf dem ersten Kilometer geschwitzt wie ein Wasserfall
- Festgestellt, dass ich viiiiiiel zu warm angezogen bin
- Mich nach 2km bereits völlig dehydriert verflucht, dass ich keine Wasserflasche dabei habe
- Ernsthaft darüber nachgedacht, den Lauf abzubrechen – dann überlegt, dass ich schon in der Hälfte der Strecke bin & dass ich im Gehtempo ewig habe, bis ich wieder zu Hause bin
- Versucht, mich von meinem Durst, meiner Kurzatmigkeit und meiner riesigen Wut auf diesen Sport abzulenken, indem ich mich auf die einheimischen Blumen am Wegesrand konzentriere und versuche, möglichst vielen davon den korrekten Namen zu geben – ja, diese Biodiversitäts-Facebookgruppe macht was mit mir
- Mich tatsächlich etwas ablenken können
- Mir schwitzend die Jacke ausgezogen und um die Hüfte gebunden – dabei festgestellt, dass meiner magischen Bauchweg-Hose wohl doch physikalische Grenzen gesetzt sind, jedenfalls war diese runtergerutscht & meine Wampe hing über den Bund runter wie ein trauriger Sack Kartoffeln
- Darüber nachgedacht, ob sich ein nasser Mehlsack nun besser oder schlechter fühlt als ein trauriger Sack Kartoffeln
- Viele Fotos geschossen – so hatte ich zumindest kurz einen Grund, anzuhalten und etwas zu verschnaufen
- Mich nach sagenhaften 5.3 Kilometern komplett erledigt wieder zu Hause eingefunden
- Mich gefragt, warum ich mir das eigentlich antue
- Mich von meiner Joggingfreundin via WA trösten lassen
- Ausgiebig geduscht und meine Haare gewaschen – es ist offiziell, die Euphorie bezüglich meiner neuen Haarfarbe ist vorbei, der Fön verstaubt wieder
- Mir ein Bierchen gegönnt und den Einbruch der Nacht auf der Terrasse genossen
- Mit meinem von der Arbeit zurückkommenden Freund ein Gespräch voller Missverständnisse geführt – er erzählte etwas von „Micro Greens“ und dass er mal mit meinem Landwirten-Bruder darüber reden will, irgendwas mit Anpflanzen und indoor – mal ehrlich, ihr wärt auch davon ausgegangen, dass es um Marihuana geht, oder?!
- Doch bisschen aufgeatmet, als er beteuerte, er plane NICHT mit dem Verkauf von Weed das grosse Geld machen
Bis morgen!
Dein Änni







Keine Kommentare