Den heutigen Tag widmete ich grösstenteils der Pflege meiner Haare. Meine liebe Coiffeuse hatte mir letzte Woche die Zutaten für die Tönung in den Briefkasten gelegt – und obwohl ich meine Frisur wirklich viel lieber von ihr hätte aufmöbeln lassen (dazu muss man wissen: Ich hasse Coiffeurgeschäfte grundsätzlich sehr. Der Smalltalk, der Gestank, die Schaffrisur, mit der ich hinterher rumlaufen muss… aber „meine“ Coiffeuse ist wirklich ok), war ich froh, dass meine Frisur nicht gänzlich verkommen muss. Da ich davon ausgehe, dass ihr gerade so gut wie alle Einnahmen flöten gehen, hab ich auf den Putz gehauen und mir gleich noch Pflegeprodukte von ihr geleistet.
Ein weiteres wichtiges Ereignis heute war der Wocheneinkauf. Mittlerweile hab ich es einigermassen im Griff, abzuschätzen, was wir in einer Woche so essen und trinken. Anders als vor dem Lockdown hab ich den Kühlschrankinhalt tatsächlich mehr oder weniger auf dem Schirm, wir schmeissen fast nichts mehr weg (normalerweise kaufen wir beide ein, oft nicht wirklich koordiniert & wir kochen natürlich normalerweise auch viel seltener). Wir produzieren übrigens, das nur am Rande, interessanterweise nicht mal mehr Abfall, sondern eher bisschen weniger als sonst – ich führe das auf die Tatsache zurück, dass wir viel weniger Fertigprodukte konsumieren, weil, genau, ich hab ja jetzt viel mehr Zeit. (Meine Mama hat mich übrigens ziemlich fies ausgelacht, als ich ihr in allen Farben geschildert hab, wie ich jetzt die Mahlzeiten plane & tatsächlich nur einmal pro Woche im Supermarkt einkaufe – „Ach Änni, das mache ich jetzt seit über 50 Jahren…“ – tja, wer einen Bauern heiratet und ins hinterste Kaff zieht, ist selbst schuld, meine Meinung.)
Jedenfalls, liebes Tagebuch, im Detail hab ich heute:
- Wirklich grosse Mühe bekundet, in die Gänge zu kommen
- Mich schliesslich von meinem Freund mit frischem Kaffee aus dem Bett locken lassen (ganz recht, wie so ein Esel mit einem Rüebli)
- Festgestellt, dass wir wieder mal vergessen hatten, den Kehricht rauszustellen (immer wieder dienstags…)
- Meine Feuchtigkeitscreme, die wir jetzt zu zweit einen ganzen Tag lang verzweifelt in der ganzen Wohnung – inklusive Kühlschrank, Backofen und Schreibtisch – gesucht hatten, an wirklich unübersehbarer Stelle auf dem Lavabo im hinteren Bad gefunden – entweder, wir haben hier einen Poltergeist, oder ich werde langsam irre!!
- Den Garten gewässert & dabei bemerkt, dass meine Hotpants für die heutigen Temperaturen doch bisschen zu wenig Stoff aufweisen
- Den Absturz der gestern noch ach so protzigen Tulpe mit kaum unterdrücktem Spott zur Kenntnis genommen
- meinen Freund instruiert, dass die Haar-Färberei bald losgeht
- Mich gewundert, warum plötzlich Musik im Wohnzimmer angeht – als es sich als „Ich bin dagegen“ von den Ärzten entpuppte, meinen Freund sanft bisschen durchgeschüttelt (keine Sorge, der braucht das von Zeit zu Zeit, sonst wird er nur übermütig)
- Ihm geduldig erklärt, dass sein Vorschlag, für meine Haare die Reste der Eier-Farbe zu verwenden, zwar originell, mehr aber auch nicht ist
- Ihn darüber aufgeklärt, dass er mir stattdessen „Awsome Colors“, eine weltweit patentierte Rezeptur von „Sexyhair“ ins Haar schmieren wird (nein, das hab ich nicht erfunden ?)
- Die kryptische Anleitung stirnrunzelnd mehrmals durchgelesen
- Festgestellt, dass wir keinen Massbecher für Mengen unter 1dl besitzen
- Bisschen gerätselt, wie ich da die Mengen abmessen soll & in was für einem Gefäss ich die ganze Chemie anrühren soll – sämtliche Küchenutensilien schon mal ausgeschlossen
- Mir wieder ins Bewusstsein gerufen, warum ich mehrere Jahre nur noch mit Henna gefärbt hab – man kann von Henna halten, was man will, aber aus einem Topf zu essen, in dem Pflanzenfarbe angerührt wurde, ist für mich tatsächlich kein Problem
- Schliesslich eine geniale Idee entwickelt: Ich würde eine leere Glasflasche nehmen, die man hinterher entsorgen kann & zunächst die (ungefähren) Mengen mit Wasser in meinem Massbecher abmessen & in der Flasche mit Edding anzeichnen
- Mich für meine Genialität ziemlich abgefeiert
- Angefangen mit Abmessen, mich dabei damit abfinden müssen, dass alles nur grob geschätzt ist
- Mich wieder einmal daran erinnert, dass ich schon langr einen exakten Messbecher für kleine Mengen kaufen sollte
- Mir als nächstes ins Bewusstsein gerufen, dass man solche Dinge ja momentan nirgends kaufen kann
- Schliesslich die verschiedenen Zutaten in der Glasflasche durchgeshaked
- Einen alten Pinsel fürs Färben ausrangiert
- Mir den ganzen Haaransatz, die Ohren und grosse Teile des Gesichts dick mit Nivea eingekleistert
- Die Anleitung nochmals durchgelesen und festgestellt, dass die Haare frisch gewaschen sein müssen
- Leise schimpfend die Haare gewaschen & dabei die Nivea-Creme wieder weggewaschen
- Die zweite Schicht Nivea aufgetragen
- Einen 110l-Kehrichtsack als Bodenschutz aufgeschnitten
- Den Spiegel und zwei Hocker platziert
- Mich so bisschen an meine Kindheit erinnert gefühlt, als ich mit den Nachbarsmädchen Coiffeur gespielt hatte (ihre streng religiösen Eltern waren von den orangefarbenen Haaren ihres vormals kleinen blonden Engels wenig angetan & es dauerte eine ganze Weile, bis die Mädchen wieder mit mir spielen durften)
- Meinen Freund die pinken Putzhandschuhe montieren lassen und ihm die Flasche und den Pinsel in die Hand gedrückt
- Mich von ihm darauf aufmerksam machen lassen, dass der Pinsel gar nicht bis zur Farbe am Boden der Flasche runterkommt – er ist zu kurz
- Ihn motiviert, die Flasche halt waagerecht zu halten
- Ihm erklärt, wie man den Ansatz scheitelweise färbt
- In den nächsten 1.5h die Geduld meines Freundes aufrichtig bewundert – ernsthaft, der Mann verdient ein Denkmal! Oder eine Tapferkeitsmedaille!! Oder beides!!! Ich selbst hätte nach 10min alles in eine Ecke gepfeffert und wüst fluchend das Weite gesucht…
- Irgendwann die stinkende Masse aus meinen Haaren gewaschen
- Die Haare geföhnt und das unvermeidliche Nachher-Selfie geschossen
- Meinem Freund tänzelnd das Ergebnis vorgeführt – sein Kommentar „I can see the sexiness!“
- Eine umfangreiche Einkaufsliste geschrieben
- in den letzten 40min vor Ladenschluss in unserem kleinen Dorf-Coop eingekauft – dabei ausser ganzen Haselnüssen, meiner präferierten Bio-Currypaste, ausreichend Bio-Eiern und hundskommunem Ketchup alles gefunden
- Die Sache mit dem ausverkauften Ketchup vergeblich zu verstehen versucht
- Zu Hause beim Kühlschrank einräumen eine angebrochene Flasche Dattelsirup gefunden & gerätselt, wozu ich die wohl gekauft hatte & wie zur Hölle ich das Zeug wohl verwerten soll
- Irgendwann so gegen 19 Uhr gerätselt, warum ich so ein flaues Gefühl im Magen hab
- Erkannt, dass ich seit dem (zugegebenermassen wirklich späten) Frühstück nichts mehr gegessen hatte
- Eine Riesenportion Deluxe-Müesli (= mit geraffelten, nicht geschnittenen Äpfeln) gebastelt & mir ausgemalt, wie wir jetzt mehrere Tage davon essen
- In knapp 20 min alles mit Stumpf und Stiel weggefuttert
- Zum ersten Mal seit – was weiss ich, wie lange ich schon solche 10er-Schachteln kaufe, vielleicht seit 15 Jahren?! – festgestellt, dass man den Karton vom Quöllfrisch mit einer vorgestanzten Lasche aufmachen kann & gar nicht unbedingt qualvoll die geleimten Seiten aufknibbeln muss
Bis morgen!
Dein Änni
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