Engagement/ Ernährung/ Lebenslage/ Umwelt

Fleisch.

Ich bin Fleischesserin, ganz einfach, weil ich Fleisch mag. Und ich habe kein ethisches Problem damit, dass für Fleisch Tiere geschlachtet werden. Dass Menschen Nutztiere halten, um Fleisch, ihr Fell, ihre Haut oder Milch zu gewinnen, ist eine Tatsache, seit die Menschen sesshaft wurden. Teil meiner Agrarsozialisation waren Schweine ohne Kopf, die zum Ausbluten in der Waschküche aufgehängt waren, Hühner, die nachdem ihnen mit dem Beil der Kopf abgeschlagen wurde, minutenlang im wahrsten Sinne kopflos auf dem Mist herumrannten, Kaninchen, die einen Todesschrei ausstiessen (ja, die können schreien!), das Füllen von Därmen mit Wurstmasse, das Ausnehmen und Rupfen von geschlachteten Hühnern.
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Wie auch immer, dass ich Fleisch esse, heisst nicht, dass mir die Tierhaltung am A… vorbeigeht. Eine weitere Nebenwirkung meiner bäuerlichen Kindheit war nämlich, dass ich mit den Haltungsbedingungen für Tiere vertraut wurde – und ich kenne gewisse Unterschiede von verschiedenen Haltungs-Vorschriften. Mein Grossvater hielt 200 Ferkel in einem vergleichsweise winzigen Raum, mit wenig Tageslicht und ohne Auslauf – nicht nur im Fall von Schweinen eine Sauerei! Tiere, die zu wenig Platz und kein Tageslicht haben, entwickeln massive Verhaltensstörungen, trampeln einander im Falle von Hühnern zu Tode oder fressen einander im Falle von Schweinen die Schwänze und Ohren ab, werden apathisch oder aggressiv. Mein Vater hat den Hof auf Bio umgewandelt, und die Vorschriften hierzu sind zumindest in der Schweiz wirklich streng. Nicht nur, dass jedes Tier eine bestimmte Fläche zur Verfügung haben muss, auch die Möglichkeit zu täglichem Auslauf (nach draussen!) muss gegeben sein, und es darf nur Bio-Futter gefüttert werden, nix mit Antibiotika und Gentech-Mist. Wenn ich selber koche, achte ich darauf, dass das Fleisch aus der Schweiz stammt und mit einem Label versehen ist, dem ich vertraue.
Soweit, so gut.
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Als ich mir jedoch vor etwa einem Monat eine Woche lang notiert habe, wie oft ich Fleisch esse, war ich gelinde gesagt entsetzt: Ich habe tatsächlich jeden Tag Fleisch gegessen. Dabei oft auch auswärts, wobei ich die Herkunft des Fleisches nicht unter Kontrolle hatte. Obwohl ich Fleischesserin bin und auch bleiben werde, ist mir dennoch klar, dass sowas nicht gesund sein kann. Ernährungstechnisch gesehen sind zwei bis drei Mahlzeiten mit Fleisch pro Woche ausreichend. Dazu kommt ganz einfach die Tatsache, dass Fleisch ein Luxusgut ist. Ein Luxusgut muss man nicht täglich essen, auch nicht, wenn es sich um ein paar Speckwürfeli in den Erbsen oder etwas Salami im Sandwich handelt.
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Mein Vorsatz ist nun, meinen Fleischkonsum deutlich einzuschränken. Auswärts habe ich die letzten Wochen nur vegetarisch gegessen, von Weihnachten und Silvester mal abgesehen, und auch zu Hause achte ich momentan wirklich darauf, dass ich nur ausnahmsweise Fleisch koche. Ob ich diesen Vorsatz durchziehen kann, wird sich zeigen, aber es ist mir wirklich ein Anliegen. Wer nur einmal pro Woche Fleisch isst, kann sich dann auch „bessere Qualität“ leisten, sprich, nicht das Billig-Poulet aus Ungarn, dessen Haltungsumstände sowie der ökologische Schwachsinn des Transportes quer durch Europa mehr als nur fragwürdig sind, sondern Naturafarm- oder Biofleisch aus der Schweiz.
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Für einen sinnvolleren, reflektierten Umgang mit Lebensmitteln, für eine ausgeglichenere Ernährung und für eine vertretbare Tierhaltung!

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2 Kommentare

  • Antworten
    Sille
    15. Januar 2013 bei 16:52

    Hallo Änni!
    Ich bin wegen des Fleischartikels auf Deinen Blog gestossen und finde das, was hier so geschrieben steht durchaus sympathisch, weil authentisch. Ich selber bin angehende Vegetarierin, angehend deshalb, weil ich ein Genussmensch bin und einfach verdammt nochmal gerne gut esse und Vegetarierin, weil ich das für die moralisch vertretbare Entscheidung halte. Gerade bei unserer Konsumgesellschaft ist Fleisch schon lange nicht mehr dass, was es sein sollte: ein Luxusgut, was auch als solches geschätzt wird, sondern ein Wegwerfprodukt, dessen Ursprung sich fast niemand mehr bewusst ist. Für die Produktion von 1kg Fleisch werden so um die 10.000l Wasser gebraucht und ungefähr das 10 fache an pflanzlicher Nahrung verwertet, dh. man könnte 10 mal so viele Menschen pflanzlich ernähren als tierisch.
    Trotzdem mag ich Fleisch einfach und finde auch, da ich es ab und zu essen darf und da finde ich Deine Einstellung als auf einem Hof gross gewordene wirklich super, die sich der moralischen Verpflichtung die mit Fleischkonsum einhergeht, wirklich bewusst ist, obwohl sie damit gross geworden ist…
    viele Grüsse und vielen Dank!
    Sille

  • Antworten
    Änni
    18. Januar 2013 bei 18:33

    Hoi Sille,
    Danke für dein Interesse. Ich denke, Fleischkonsum ist ein Thema, das polarisieren kann – ich will niemandem meine Meinung aufzwängen, dennoch finde ich es bedenklich, dass gerade in Mensen oder in Schulkantinen dermassen oft Fleisch serviert wird. Und das Thema artgerechte Tierhaltung ist mir wirklich ein Anliegen.
    Liebe Grüsse,
    Änni

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