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Corona Special: Liebes Tagebuch

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Liebes Tagebuch

Nicht mal die Inkas haben es kommen sehen: Wir schreiben das Jahr 2020, und die Welt pandemiert vor sich hin. Während ich mich durch 1001 Newsletter und Blogbeiträge klicke, die mir beibringen wollen, wie man in Zeiten des nationalen Lockdowns endlich ganzheitlich entschleunigt, endlich sein Aramäisch auf das Level C2 bringt, endlich lernt, im Homeoffice mit brennenden Fackeln zu jonglieren oder aber im Selbststudium einen Doktortitel in Physik erlangen kann, wird mir eines wieder mal seht deutlich bewusst: Der Mensch ist ein merkwürdiges Wesen. Nicht nur hat er einen fragwürdigen Hang zur Selbstoptimierung, nein, er geht auch einfach ganz selbstverständlich davon aus, dass alle anderen Exemplare seiner Spezies genau gleich funktionieren wie er selbst. Wenn ein Mensch also seit zwei Wochen im Homeoffice sitzt und sich in Zeiten des Social Distancing furchtbar langweilt, geht er selbstverständlich davon aus, dass es allen anderen Menschen auch so geht. Zusammen mit dem ebenfalls urmenschlichen Hang, anderen ständig ungefragt Ratschläge zu erteilen, führt das in digitalen Zeiten dazu, dass man derzeit über sämtliche Kanäle mit Tipps, die derzeitige Lage optimal zu gestalten, zugeschüttet wird.

Nun bin ich zwar trotz aller Transzendenz letztlich auch nur ein Mensch, habe in den letzten 37 Jahren (Heilandsack, ich werde alt) aber eines ganz klar gelernt: So viele Menschen es gibt, so viele Lebenssituationen, Möglichkeiten und Einschränkungen gibt es auch. Nicht alle sitzen im Homeoffice derzeit. Nicht alle, die im Homeoffice sitzen, haben die Zeit, die Nerven und die Lust, aramäisch zu lernen. Manche haben Kinder zu betreuen. Manche ackern rund um die Uhr. Manche haben Angst, krank zu werden, manche sind krank, manche haben kranke Angehörige. Manche leiden psychisch stark unter der Situation. Manche dagegen können tatsächlich am besten mit der aktuellen Lage umgehen, indem sie aramäisch lernen. Liebes Tagebuch: All das ist komplett in Ordnung!

Jedenfalls: Ich persönlich habe ausserdem gelernt, dass es mir hilft, in schwierigen Zeiten ein bisschen Alltag zu bewahren. Das, liebes Tagebuch, mache ich, indem ich meinen heutigen Tag in all seinen unspektakulären Facetten hier festhalte. Heute habe ich also:

  • Mir zum Frühstück ein Stück „Sticky Toffee Cake“ (eine glatte 10 auf der Am-Birlinn-Skala!!) genehmigt
  • Über das Corona-Tagebuch, das mir einer meiner Schüler per Mail geschickt hat, sehr gelacht
  • Diverse Mails gelesen und geschrieben
  • Am Laptop gearbeitet
  • „meine“ Kids und Teens dabei sehr vermisst
  • Mit der täglichen Garten-Bewässerung unsere Nachbarn gut unterhalten („SCHATZ, DU KANNST DEN SCHLAUCH JETZT ANSCHLIESSEN!“ „SCHATZ?!“ „HALLO, HÖRST DU MICH?!“ *QUIETSCH* „ICH BIN PFLOTSCHNASS!!“ „SCHATZ?!“ „LAUTER!!“ „HÖRST DU MICH?!“ *QUIETSCH* „DU SOLLST DAS WASSER ABSTELLEN!!“ „ABSTELLEN! ABSTELLEN!!“ „SCHEISSE!! STELL! DAS! WASSER! AB!!“)
  • Auf Whatsapp Videos meiner Quarantäne-Nichten geguckt
  • Mit dem Velo einen kleinen Ausflug in den Wald gemacht & dabei in Gedanken meinem Velohändler gedankt, der mir dringend davon abgeraten hatte, ein „Hausfrauen-Velo“ (seine Worte, nicht meine!!) zu kaufen und mir statt dessen eine sportlichere Variante angedreht hatte
  • im Wald einen kleinen Weiher entdeckt, den ich bisher nie gesehen hatte
  • Bei der krass steilen Abfahrt auf einem holprigen Pfad im Schneckentempo immer wieder kontrolliert, ob mich irgendjemand filmt
  • Kleine Tontöpfchen mit Holzwolle ausgestopft und auf Pfähle gesteckt – laut meinem Bio-Gartenbuch sind das beliebte Wohneinheiten für Ohrwürmer
  • Meinem Freund versichert, dass es tatsächlich Insekten gibt, die Ohrwürmer heissen
  • Festgestellt, dass der Kaffeesatz in unserer Kaffeemaschine seit 2 Wochen nicht mehr schimmelt
  • Die Abendsonne auf der Terrasse genossen
  • Lasagne gekocht
  • Meiner Familie Angeber-Fotos meiner Lasagne geschickt
  • Das Radio eingeschaltet und festgestellt, dass ich Steff la Cheffe immer noch Scheisse finde
  • Das Radio sehr schnell wieder ausgeschaltet
  • Meinem Freund zum 100. Mal versichert, dass ich „Dark“ sicher nicht schauen will
  • Meinem Freund zum 1000. Mal versichert, dass „Stranger Things“ sowieso besser ist
  • Meinen Freund den Abwasch erledigen lassen und dabei sämtliche Kommentare, wie die Abwaschmaschine korrekt einzuräumen ist, heldenhaft unterdrückt
  • Festgestellt, dass wir tatsächlich nur 1mal pro Woche Lebensmittel einkaufen müssen, wenn wir besser planen

Bis morgen!

Dein Änni

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Garten-Wässerung.

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Der Weiher

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Am Wegesrand.

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Emma die zwote im Einsatz.

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Das Kaff.

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Zwetschgenbaum mit Ohrwurm-Wohnung.

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Lasagne.

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