Der Tipp einer Kollegin meines Freundes führte uns in diese Unterkunft. Gelegen am Stausee Laguna de Arenal, nordwestlich des bekannten grossen Vulkans, ausgestattet mit einer wunderschönen tropischen Gartenanlage, Pool und Blick auf den See und die umliegenden Berge sowie einer internen Mikro-Brauerei, all das klang höchst überzeugend. Dass wir mit dem costaricanischen ÖV unterwegs waren anstatt mit einem Mietauto, machte uns schon auf dem Weg von San José dorthin zu Exoten. Auf der Buslinie von San José nach Tilaran, dem Städtchen 8km von unserem Hotel entfernt, waren wir die absolut einzigen Touristen. Es regnete in Strömen, als wir Tilaran erreichten, und wir waren froh, als uns der Taxichauffeur der Unterkunft dort abholte. Er sprach praktisch kein englisch, wir praktisch kein spanisch, und wir sind uns rückblickend sicher, dass der Preis, den wir für diese 8km bezahlten, sagen wir mal, grosszügig bemessen war. Jä nu.
Das „Zimmer“, das wir für weniger als die Hälfte des regulären Preises erhielten (vermutlich die Auswirkungen der Regenzeit), glich eher einem Tanzsaal und hätte problemlos eine 6köpfigen Familie beherbergen können, bot darüber hinaus aber auch eine ganze Wand aus Glas mit direktem Blick auf den doch sehr malerischen See.
Im Restaurant wurde uns direkt eine Bier-Degustation angeboten – was wir nicht ausschlugen. Generell kann man sagen, das Bier und auch das Essen im Restaurant scheckten wirklich aussergewöhnlich gut – das Frühstück dagegen enttäuschte, und der Besitzer mutiert abends nach einigen Litern Bier zu einem recht mühsamen Genossen. Am nächsten Tag machten wir – zur grossen Irritation des Personals – einen Ausflug zu Fuss, ans Seeufer und durch die üppige tropische Vegetation. Am Mittag schliesslich standen wir, ausgerüstet mit Regenkleidung, denn heute präsentierte sich das Wetter als sehr Regenzeit-mässig, versuchsweise auf der grossen Strasse, um zu schauen, ob der Bus vielleicht anhält – und tatsächlich, wir wurden mitgenommen und fuhren in ein Dorf auf der anderen Seeseite, das immerhin einen Bancomaten, einen Supermarkt und einige Kneipen bot.
Viel gesehen von dieser Ortschaft haben wir allerdings nicht, denn jetzt regnete es dermassen, dass sich entlang der Hauptstrasse mehrere Bäche bildeten. Wir verzogen uns in eine Kneipe, beobachteten die enormen Wassermassen und überlegten, ob wir uns schon mal in eine artengemischte Zweierreihe einfügen und ein grosses Schiff abwarten sollten. Faszinierend waren auch die Dorfbewohner, die aus unerfindlichen Gründen wie alle Ticos auch bei einer mittleren Sintflut aus Prinzip keine Regenkleidung tragen, sondern höchstens mit bunten Regenschirmen der Wassermasse trotzen. Schliesslich plünderten wir noch den Supermarkt und fragten die Dame an der Kasse, wo sich der Bankomat befinde. Leider verstand sie uns nicht, und wir wollten schon davon zotteln, als der ältere Herr, der hinter uns an der Kasse stand, auf englisch fragte, was wir denn suchen. Er erklärte uns den Weg und fragte schliesslich, woher wir denn kämen. Er war dann nicht nur ebenfalls Schweizer, nein, er stammte auch noch ausgerechnet aus Winzighausen. AUS WINZIGHAUSEN!! Echt unfassbar! Seit 4 Jahren wohne er hier, erzählte er uns dann bei einem Bier. Er konnte uns allerlei über Costa Rica erzählen, was man in einem Reiseführer nicht findet und gab uns einige Tipps mit. Schliesslich fuhren wir mit dem Bus (und wiederum ausschliesslich Einheimischen) zurück zu unserem Hotel. Spassig dabei war, dass dieser Buschauffeur uns ziemlich genau die Hälfte von dem abnahm, was wir bei der Hinfahrt bezahlt hatten.
Am Abend assen wir wieder im Hotel, und ohne Scheiss, das war etwas vom Besten, was ich je gegessen habe. Poulet, Kartoffelstock, eine Art vegetarische Ceviche und gebratene Bananen – klingt simpel, aber, Ehrenwort, es war so unglaublich lecker, dass ich richtig traurig wurde beim Gedanken, dass dieses herrliche Essen irgendwann vorbei sein würde.
Nach einer weiteren Nacht im Tanzsaal verliessen wir die irgendwie wunderschöne, irgendwie aber auch höchst merkwürdige Unterkunft. Die Köchin umarmte uns zum Abschied innig, und ich liess innerlich noch einmal sehnsüchtig all die Köstlichkeiten Revue passieren, die sie für mich zubereitet hatte. Wir stellten uns wieder am Strassenrand aus und kamen uns sehr abgebrüht vor, als wir den Bus anhalten und einsteigen konnten. Auf zu neuen Abenteuern!
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